Mirais Blog: https://lass-mal-lesen.blog
Bei Instagram ist Mirai unter dem Namen @lesehexemimi zu finden.
Ein Text von Martina Wildner
An einem schönen Frühlingstag treffe ich mich mit der Buchbloggerin Mirai, 12, in einem Café in der Florastraße in Pankow. Wir haben es beide nicht weit, ich bin aber ganz verschwitzt, weil ich ziemlich schnell geradelt bin.
Zuerst machen wir Fotos, draußen vor blühenden Forsythien und Zierpflaumen, dann geht es los. Ich muss Mirai gestehen, dass es das erste Interview meines Lebens ist – ich bin 50! – und sie rät mir, ein Programm anzuschaffen, das mit dem Handy aufgenommene Gespräche in Text umwandelt. Stimmt! Gleich was gelernt! Also auf zur ersten Frage:
MW: Seit wann liest du gerne Bücher?
M: Ich konnte schon lesen, bevor ich zur Schule kam, und habe dann im Laufe der ersten Klasse auch schon richtige Bücher gelesen. Also solche mit kleiner Schrift. Mit sieben Jahren habe ich dann erste Rezensionen für zwei Berliner Buchläden und den Kölner Bastei-Lübbe-Verlag geschrieben. Seitdem fahre ich mit meiner Familie auch jedes Jahr zur Leipziger Buchmesse.
MW: Und wann hattest du das erste Mal die Idee für einen Blog?
M: Die Idee zu dem Blog kam auf der LBM 2018. Da habe ich ein Interview mit Sabine Städing gemacht, der Autorin der Petronella-Apfelmus-Reihe. Die Idee dazu hatte die Frau, die damals bei Bastei Lübbe das Kinderreporterprogramm betreute. Nach dem Interview habe ich mich gefragt, wo ich das denn veröffentlichen könnte. Außerdem waren Sabine Städing und ich von unserem Platz am Stand verscheucht worden, weil dort ein Event für Blogger stattfinden sollte. Das hat mich neugierig gemacht. Ich dachte: Das müssen ja wichtige Leute sein, wenn sogar eine Bestseller-Autorin dafür ihren Platz räumen muss …
MW: Und wie ging es dann weiter?
M: Ich kam dann mit einer netten Bloggerin ins Gespräch und habe mir einiges erklären lassen. In den Osterferien habe ich mir dann mit WordPress meinen Blog gebaut. Eine der ersten Sachen, die ich auf Lass mal lesen! veröffentlicht habe, war das Interview mit Sabine Städing. Inzwischen sind auf meinem Blog neun ausführliche Interviews mit Autorinnen online, darunter Kirsten Boie, Anna Ruhe, Tanya Stewner und Katja Brandis. Sehr stolz bin ich auch darauf, dass ich im Februar die erfolgreiche Illustratorin Claudia Carls in ihrer Hamburger Wohnung besuchen und interviewen durfte.
MW: Über welches Buch hast du mit Sabine Städing gesprochen?
M: Sie hat mehrere Bücher geschrieben, zum Beispiel, die Reihe „Petronella Apfelmus“, „Magnolia Steel“ oder „Johnny Sinclair“. Darüber haben wir gesprochen, aber auch darüber, wie sie arbeitet, wie sie zum Schreiben kam und wer ihre Texte als Erstes lesen darf.
MW: Was findest du das Schwierigste am Bloggen – die Technik, das Schreiben an sich oder die Organisation des Ganzen?
M: Es ist manchmal schwierig zu organisieren, weil ich die Bücher lesen, die Rezensionen schreiben, aber auch in die Schule gehen muss. Aber es macht wirklich viel Spaß, mit Autoren zu quatschen oder die Bücher zu lesen. Ich habe auch schon richtig viele nette und tolle Leute kennengelernt.
MW: Jetzt zu deinem Blog. Bekommst du auch manchmal böse Kommentare?
M: Nein, bis jetzt noch nie, kein einziges Mal. Ich hoffe, dass das so bleibt. Toi, toi, toi.
MW: Du bist ja unter dem Namen @lesehexemimi auch bei Instagram aktiv und hast da schon über 1300 Follower. Das ist eine große Reichweite. Kommen da manchmal böse Kommentare?
M: Nein, da auch nicht. Ich glaube, es liegt insgesamt daran, dass ich bei Bookstagram (RED: So heißt der Bereich von Instagram, in dem sich Leute über Bücher austauschen) eher nette Leute kenne.
MW: Du meinst, Leute, die Bücher lesen, sind generell nicht so bösartig?
M: Das würde ich nicht sagen, aber wir sind eine schöne Gemeinschaft bei Bookstagram, anders als auf Instagram gibt es dort keine blöden Kommentare. Und die Leute helfen einander: Als ich einmal ein Foto von meinem Messeticket gepostet habe, warnte mich nach ein paar Minuten einer meiner Follower: „Nie einen Strichcode posten, auch wenn er verschwommen ist.“ Ich habe das Foto dann schnell geändert.
MW: Hattest du schon mal die Idee, nicht „schriftlich“ zu bloggen, sondern auf Youtube zu veröffentlichen?
M: Ja, die hatte ich auch, aber es ist schon schwierig, Instagram und den Blog zu bedienen. Es wäre schon eine Idee, aber es ist eben noch mehr Arbeit.
MW: Wie fühlst du dich, wenn etwas von dir erscheint oder etwas im Fernsehen kommt (Mirai war am 23.3.18 auf KiKA bei Timster zu sehen)? Denkst du zum Beispiel: O Gott, wie seh ich aus, etc.?
M: Ich habe manchmal schon Angst, dass es mir später nicht gefällt. Aber bis jetzt habe ich mich danach immer darüber gefreut und war auch ein bisschen stolz. Die Sendung bei KiKA hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil die Leute dort wirklich nett waren, genauso wie beim NDR und bei GEOlino. Es ist ja ein sehr bekanntes Heft, das auch in Bibliotheken ausliegt. Ich werde dann von vielen Leuten darauf angesprochen und bekomme auch viele Mails. Auch von Lehrern aus ganz Deutschland. Manche fragen nach Vorschlägen, was sie mit ihrer Klasse lesen könnten oder welche Bücher sie für die Schulbibliothek anschaffen sollen.
MW: Eine andere Frage. Wie stellst du dir die Zukunft vor? Meinst du, der Blog „altert“ mit dir?
M: Ich fürchte das schon ein bisschen. Aber ich möchte versuchen, dass der Blog weiterhin eine große Bandbreite hat, dass ich später über Erwachsenenbücher und Jugendbücher schreibe. Vielleicht auch über Filme oder Serien.
MW: Könntest du dir vorstellen, Journalistin zu werden?
M: Ja, aber ich interessiere mich zusätzlich auch für Naturwissenschaften und Informatik – oder auch für Kunst. Die Entscheidung ist wirklich schwer, und ich weiß noch nicht genau, was ich mal werden soll. Doch das geht ja vielen so. Eigentlich würde ich alles, was ich mache, gerne irgendwie verbinden.
MW: Als Wissenschaftsjournalistin zum Beispiel?
M: Ja, oder als Data-Journalistin. Vielleicht werde ich aber auch Unternehmerin.
MW: Du warst vier Tage in Leipzig auf der Buchmesse. Da entstehen ja Fehltage an der Schule. Wird dein Bloggen von der Schule unterstützt?
M: Es gibt an meiner Schule viele nette Lehrer, die es toll finden, dass ich über Bücher blogge. Manche folgen meinem Blog auch. Insgesamt wird es positiv aufgenommen. Seitdem wir zur Buchmesse fahren, lassen meine Eltern mich offiziell für den Messefreitag von der Schule befreien. Wegen des KiKA-Drehs durfte ich in diesem Jahr auch am Donnerstag fehlen. Das war mit der Schule so abgesprochen.
MW: Ganz andere Frage: Warst du gestern auf der Demo (Die fridays-for-future-Demo war am 29.3.)?
M: Nein, gestern konnte ich nicht, weil ich viel lernen musste. Wir schreiben nächste Woche drei Arbeiten.
MW: Findest du Greta Thunberg auch so toll?
M: Ja. Ich habe hier auch so einen Unterschriftenzettel von writers for future.
MW: Ach, vom VS? Das ist ja cool. Da unterschreib ich gleich.
Ich fülle den Zettel aus und dabei unterhalten wir uns noch ein bisschen über die Schulen im Bezirk und deren Vor- und Nachteile. Mirai erzählt mir, dass sie einen Kurs für kreatives Schreiben besucht. Da fällt mir eine allerletzte Frage ein!
MW: Möchtest du selber ein Buch schreiben?
M: Ja, sehr gern! Ich habe auch schon mehrere angefangen – aber bisher leider noch keines zu Ende gebracht …