BÜCHERORT / ATELIER PETIT 4

Von Nele Brönner

Das Atelier petit 4, Büro für Illustration, ist eine Wunderkammer und gerade groß genug für vier Illustratorinnen. Es liegt recht weit oben im Prenzlauer Berg in der Kopenhagener Straße, in einem Ladengeschäft mit bewucherter Fassade, großer Glastür und Blick auf die Straße. Um das Atelier herum gibt es jede Menge schöner Orte, um Mittag zu essen, und die Illustratorinnen Arinda Craciun, Bianca Schaalburg, Constanze Guhr und Katja Spitzer nehmen mich auf eine Suppe mit.

„Als wir 2004 den Arbeitsraum gegründet haben“, sagt Constanze Guhr, „gab es hier mittags nichts außer Brötchen. Und es gab noch Quartiersmanagement. Das Haus hat dann ein Kanadier gekauft. Er hat immer betont, er würde was für Künstler tun – bis er das Haus teuer weiterverkauft hat. Wir haben mit einer echt günstigen Miete angefangen, die jetzt langsam steigt.“

Aber das Atelier ist noch da, seit 15 Jahren. Aus guten Gründen und mit wechselnder Besetzung. Was die Büromitglieder verbindet, ist die Arbeit im Bereich Buch und Editorial. „So profitieren wir auch am meisten von unserem Zusammenschluss“, sagen sie. „Wir tauschen uns aus. Wie machst du das? Welche Schrift nimmst du da? Gerade wenn es um komische Angebote oder juristische Dinge geht, reden wir darüber. Diese Rückendeckung aus der Ateliergemeinschaft ist eine große Unterstützung und Entscheidungshilfe.“ Arinda Craciun, die Neueste in der Runde, wirft ein, dass es viel Information im Netz gebe. Aber die persönlichen Ratschläge seien doch sehr viel beruhigender, finden die anderen.

„Das Atelier trägt sehr zur produktiven und professionellen Arbeit bei. Es hält uns davon ab, uns zu verzetteln. Die Ruhe kommt von den Kolleginnen“, sagt Katja Spitzer. „Und schützt vor als Pause getarnten Nebentätigkeiten wie Wäschewaschen“, ergänzt Constanze Guhr. Außerdem hat die Ateliergemeinschaft zur besseren Außenwirkung eine gemeinsame Webseite und ein Facebook-Profil. Zudem ergeben sich aus dem gemeinsamen Arbeiten viele Kontakte – sehr wichtig für alle Freiberufler.

„Wie groß ist der Anteil eurer Arbeit im Bereich Kinderbuch?“, frage ich. Insgesamt kommt das Atelier petit 4 auf deutlich über 50%, die sich aus Schulbuch, Graphic Novel, Kinder- und Jugendbuch, Sachbuch und Hybriden aus all diesen Formen zusammensetzen. Problematisch sei, dass im Bereich Kinderbuch die Arbeit wesentlich schlechter bezahlt werde als für Erwachsene – ein Zeichen mangelnder Wertschätzung von Kinderliteratur. Motivierend sei dagegen das Feedback von Kindern: „Es ist eine große Freude, Fotos von Kindern geschickt zu bekommen, die eins meiner Bücher mit sich rumschleppen“, erzählt Katja Spitzer. Gerade in Workshops oder bei Lesungen sei zu beobachten, wie die Kreativität, die in einem Buch stecke, direkt auf die Kinder übergreife, berichtet Bianca Schaalburg.

Es kommt sehr auf den Verlag an, ob die Arbeit Freude macht, so der Konsens im Atelier. Es gibt die gelungene Zusammenarbeit mit konstruktiver und transparenter Kritik, die ein Buchprojekt enorm verbessert. Manche Verlage mischen sich gar nicht ein, andere viel. Manche sind sehr ängstlich, andere wollen Neues ausprobieren. Oft reden am Ende des Arbeitsprozesses auch noch die Vertreter mit. Dann sei es frustrierend, wenn fertig abgenommene Zeichnungen noch mal geändert werden müssten.


Die Wirkung von Covern ist ein besonders wichtiges Thema. „Wir machen sehr gerne Umschläge und wollen das gar nicht aus der Hand geben. Wir wünschen uns aber mehr Respekt vor unserer Arbeit. Manchmal fehlt es da an Sensibilität von Verlagsseite“, so Constanze Guhr. Die Arbeit am Cover zieht sich oft, da viele Leute mit unterschiedlichen Interessen draufgucken und mitreden. Arbeitszeit, die nicht honoriert wird.

Dennoch ist es immer möglich, eigene Buchprojekte zu ganz verschiedenen Themen zu machen. „Und das ist schön!“, finden die vier Illustratorinnen. Viel Spannendes sei noch nicht belegt, und Ideen haben sie viele.

Achtung! Auf diesem Bild haben sich drei Illustratorinnen versteckt!

Weil mein Besuch im petit 4 so schön und inspirierend war, empfehle ich allen Neugierigen, den vier Illustratorinnen mal über die Schulter zu schauen. Dazu bieten sich gute Gelegenheiten: Einmal jährlich wird hier eine Ausstellung gezeigt – wie bei der letzten Langen Nacht der Illustration. Schaut auf der Website nach!