10 Fragen an unsere SpreeautorInnen: Karen-Susan Fessel

© Alexander Heigl

………………………………………………………………………………………………………..
Name: Karen-Susan Fessel
geboren in: Lübeck
seit wann in Berlin: 1983
………………………………………………………………………………………………………..

1. Was sind die drei Lieblingsbücher deiner Kindheit?

„Eine Fliege saust vorbei“ von Mike McClintock, „Mio mein Mio“ und „Die Brüder Löwenherz“ von Astrid Lindgren.

2. Wie kam es zu deinem Berufswunsch Autorin – und wie bist du es geworden?

Als ich fünf war, brachte mein großer Bruder mir die ersten Buchstaben bei – um mich loszuwerden, weil ich ihm bei den Schularbeiten immer so neugierig über die Schulter guckte. Damit versuchte ich dann, mein erstes pixi-Buch zu lesen, „Rumpelstilzchen“. Als ich es endlich durchhatte, war ich total begeistert: Das muss toll sein, sich sein ganzes Leben lang Geschichten auszudenken, sie aufzuschreiben und davon zu leben, dachte ich. So ist es auch gekommen – ich habe nach dem Abitur studiert und dann direkt meinen ersten Roman geschrieben und nebenbei gejobbt. Den Roman „Und abends mit Beleuchtung“ habe ich an zehn Verlage geschickt, einer – der konkursbuch Verlag aus Tübingen – hat ihn genommen. Seitdem schreibe ich Bücher.

3. Wie sieht dein Arbeitsplatz aus?

Ein großer Schreibtisch mit einem All-in-One-PC und viel Platz für Notizhefte, Stifte und Blöcke, dazu eine große Korktafel vor mir an der Wand mit meinen aktuellen Ideen – und vorm Fenster eine riesige Birke. Einen Baum vorm Fenster brauche ich unbedingt, sonst kann ich nicht schreiben.

© Gaby Ahnert

4. Wann kommen dir die besten Ideen?

Wenn ich mich bewege, also Fahrrad fahre, mit dem Hund spazierengehe oder auch Bahn oder Auto fahre. Und leider oft vorm Einschlafen, dann muss ich wieder aufstehen und Notizen machen, das ist ein bisschen lästig!

5. Wie sollen die HeldInnen deiner Kinderbücher vor allem sein?

Spannend und, wie alle interessanten Menschen: Sie müssen Abgründe und Brüche in sich tragen.

6. Träumst du manchmal von deinen Figuren? Und wie heißt deine Lieblingsfigur?

Nein, ich träume nie von meinen Figuren, aber sehr oft vom Schreiben und vom Vorlesen. Und meine Lieblingsfigur ist eine Figur namens Wally, die immer wieder in verschiedenen Büchern auftaucht. Hat aber erst ein einziges Mal jemand gemerkt …

7. Wem zeigst du als Erstes deine Texte?

Meinem Lektor oder meiner Lektorin.

8. Machst du Lesungen oder Workshops mit Kindern? Fällt dir dazu ein Erlebnis ein?

Von den Lesungen und Workshops lebe ich hauptsächlich, das mache ich also sehr oft und gern. Und natürlich fallen mir dazu reihenweise Erlebnisse ein, sowohl lustige als auch traurige – denn ich schreibe ja auch Bücher, in denen es mal traurig zugeht. Besonders haften geblieben ist mir zum Beispiel eine Lesung, in der ich aus meinem Buch „Grundgesetz – was ist das?“ vorgelesen habe, und zwar eine Geschichte über ein türkischstämmiges Mädchen, dessen konservative Familie nicht will, dass sie Fußball spielt. Daraufhin erzählte ein Mädchen aus dem Publikum, dass sie zwar Fußball spielen dürfe, aber sich jetzt endlich entscheiden solle, ob sie ein Kopftuch trage, wenn sie nach den Ferien aufs Gymnasium komme. „Meine Eltern sagen, ich kann mich frei entscheiden, aber das stimmt nicht. Eigentlich wollen sie, dass ich Kopftuch trage. Ich will aber nicht und traue mich nicht, es zu sagen. Was soll ich denn jetzt machen?“, sagte sie verzweifelt und fing an zu weinen. Die gesamte Klasse mitsamt der Lehrerin war total betroffen. Die Kinder haben noch lange darüber geredet, das war gut, denn das Mädchen hat durch dieses lange Gespräch Mut gefasst und sich vorgenommen, ihren Eltern ihre eigene Meinung zu sagen. Ich hätte sehr gern gewusst, ob es dem Mädchen gelungen ist. Das hoffe ich natürlich sehr!

9. Was sollte sich in der Kinderbuchbranche grundlegend verbessern?

Verbessern sollten sich, wie überhaupt in der Buchbranche, die Honorarbedingungen der Autor*innen. Und ich finde insbesondere, dass Jugendbücher besser gefördert werden sollten – sowohl in der Leseförderung wie auch im Verlagswesen selbst. Kritische Themen werden immer seltener, zumindest im deutschsprachigen Bereich. Dabei sind das wirklich genau die Themen, die Jugendliche interessieren.

10. Wie hieß das erste Kinderbuch, das von dir erschien, und was ist deine jüngste Neuerscheinung auf dem Buchmarkt?

Erstmals erschienen 1999 im Verlag Friedrich Oetinger, Neuauflage BALANCE Buch + Medien Verlag 2021

Das erste Kinderbuch war und ist auch zugleich mein bekanntestes: „Ein Stern namens Mama“ (ab 10), in dem die elfjährige Louise vom Krebstod ihrer Mutter erzählt. Meine jüngste Neuerscheinung ist das Bilderbuch „Mamas Püschose“, in dem aus Kindersicht von einem psychotischen Schub der Mutter Kims erzählt wird. Man sieht, ich schreibe immer weiter gern auch an schwierigen Themen, da halte ich es mit Astrid Lindgren: Wenn Kinder schlimme Dinge erleben müssen, dann sollte man anderen Kindern zumindest zumuten, darüber zu lesen!

Mit Illustrationen von Heribert Schulmeyer, ‎ BALANCE Buch + Medien Verlag 2020