Bücher sind ein Schatz, den es zu heben gilt
Von Ilke S. Prick
Autor*innen sitzen am Schreibtisch und denken sich wunderbare Geschichten aus. Illustrator*innen entwerfen dazu Welten mit Stift und Computer. Gemeinsam erschaffen sie Schätze, die Buchdeckel an Buchdeckel in Regalen geduldig darauf warten, dass jemand sie entdeckt. Manchmal warten diese Schätze dort sehr lange: in Bibliotheken, deren KJL-Abteilung schlecht frequentiert ist, in Schulen, die sich vor allem mit den Klassikern der Kinder- und Jugendliteratur auf der sicheren Seite wähnen. Als ich zum ersten Mal eine Schreibwerkstatt im Lesekeller des Freizeitbereichs der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule in Kreuzberg geben sollte, war ich im Vorfeld sehr gespannt, welche Art von Buchregalen mich dort erwarten würde. Zum Lesen in den Keller gehen? Eine eigenartige Vorstellung … Nicht gerechnet hatte ich mit dem, was ich vorfand: keine verstaubte „pssst“-Bibliothekenstille, sondern begeisterte Grundschul-Leseratten und ein engagiertes Team an einem Ort, an dem Bücher gelebt und geliebt werden. Ich war entzückt!
Und auch jetzt, an einem tristen Winternachmittag acht Jahre und etliche Lesekeller-Schreibwerkstätten später, hat sich daran nichts geändert – weder an meiner Begeisterung, noch an der Lebendigkeit im Souterrain. Im Gegenteil. Als ich den großen Leseraum betrete, sind die Sofas besetzt von Kindern und Büchern. Gemeinsam werden Geschichten gelesen und besprochen – leise in der einen Ecke, etwas lautstärker in der anderen. Auf dem bunten Teppich, barsockig und ausgestreckt, versinken einzelne Nasen in Geschichten. Neugierig schweifen Blicke über die Regale, kleine Finger durchstöbern die thematisch geordneten Bücherkisten nach Lesefutter. Im hinteren Raum darf auch getobt werden, solange es eine moderate Lautstärke nicht überschreitet.
Mehr lesen