Fürs Radio zu schreiben ist anders …

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Von Nina Petrick

Logo der Kindersendung

„Kennt ihr die Sendung Ohrenbär?“, frage ich immer, wenn ich an einer Schule Lesungen halte. Ja, viele Kinder kennen Ohrenbär. Ohrenbär, das ist die Sendung, die jeden Abend im Radio auf Berlin Brandenburg 88,8 und auf NDR Info läuft. Immer montags geht es mit einer neuen Geschichte los, die über die ganze Woche erzählt wird. Zuerst hört man das Peter-Motiv aus Peter und der Wolf, dann verkündet eine Kinderstimme: „Ohrenbär, Radiogeschichten für Kinder“, und die zehnminütige Folge beginnt, gelesen von bekannten Schauspielern.

Viele Zuhörer glauben, es wäre leicht, für den Rundfunk, Ohrenbär zu schreiben, weil das Format kurz ist, eine Reihe umfasst nur fünf bis sieben Folgen. In zehn Minuten ist eine Episode erzählt, die mit einem Cliffhanger enden kann, schließlich geht die Geschichte am nächsten Abend weiter. Die Geschichten können spannend, skurril, auch mal ernst oder lustig sein. Geschichten, bei denen einem der Atem stockt, die frei erfunden sind oder sich genauso zugetragen haben. Das ist bis auf die Länge der Texte nicht anderes als bei Kinderbüchern. Aber das kurze Format zwingt zur Disziplin, ausufernd zu erzählen geht nicht, man muss auf den Punkt kommen. Kill your darlings gilt ohnehin und hier besonders. 7000 Zeichen pro Folge sind eben nicht viel. Wörtliche Rede wird nur sparsam eingesetzt.

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Mit Ohrenbär fing alles an

© Andreas Eisenhart

Von Sabine Ludwig

Nun, das stimmt nicht so ganz, denn natürlich begann meine enge Beziehung zum Radio sehr viel früher. Als Kind war unser Radio für mich ein Zauberkasten. Lange war ich davon überzeugt, dass darin winzige Menschen steckten, die sprachen, sangen, musizierten. So wie das Engelsorchester auf Opas Weihnachtspyramide stellte ich mir auch das Orchester im Radio vor. (Allerdings ging ich nicht davon aus, dass der Pianist mit nacktem Hintern vor dem Flügel saß wie der Holzengel aus dem Erzgebirge.) Jeden Sonntagmorgen Punkt zehn ertönte: „Der Onkel Tobias vom RIAS ist da!“ Einmal im Monat gab es ein Hörspiel, ein Kasperlestück, das ich liebte, an den anderen Sonntagen waren die RIAS-Kinder bei Onkel Tobias zu Gast und erzählten oder sangen irgendwas. Ich fand es öde und bin bis heute davon überzeugt, dass Kinder das, was Gleichaltrige machen oder sagen, selten interessant finden. (Das glauben vielleicht Programmverantwortliche, weil es so schön billig ist, Kindern ein Mikro vor die Nase zu halten.) Nein, Kinder wollen Geschichten hören, gern auch die der Erwachsenen. Ich erinnere mich, wie ich so tat, als schliefe ich, wenn die reißerische Erkennungsmelodie von „Es geschah in Berlin“ ertönte, damit meine Eltern bloß nicht auf die Idee kamen, das Radio abzustellen. Verstanden habe ich kaum etwas, genossen habe ich es trotzdem.

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